• Redaktionsimpuls
Liebe Pulsgeberin, lieber Pulsgeber,
seit Jahren steht die EU in Fragen der Asyl- und Migrationspolitik auf der Stelle oder dreht sich im Kreis. Nun hat die Kommission ein Paket für eine Reform auf den Tisch gelegt, doch ein Sprung nach vorn ist es nicht geworden, höchstens ein kleiner Hüpfer. Gebremst haben, wie nicht anders zu erwarten, wieder einmal Polen und Ungarn, auch in Österreich zeigt sich Bundeskanzler Kurz zufrieden. Seine Einschätzung, dass Österreich schon genug für Migranten getan habe, ist inhuman und perfide. Hier geht es nicht um eine Aufrechnung irgendwelcher Leistungen, sondern um Menschenleben.
Die Kommission um Präsidentin Ursula von der Leyen will mit dem Paket das Asylverfahren beschleunigen, die Abschiebungen erleichtern und ihre Zahl steigern, für Notfälle wird ein Krisenmechanismus entwickelt. In Polen und Ungarn reiben sie sich die Hände, denn sie sind zur Aufnahme von Migranten nur in Ausnahmefällen verpflichtet und können sich als „Rückführungspaten“ aus der Verantwortung stehlen. Die hier genannte Solidarität unter den Ländern reicht nicht weit, die Länder, die keine Migranten aufnehmen wollen, bestimmen den Umfang der Solidarität. Solidarität mit Flüchtlingen gibt es überhaupt nicht. Und für die Länder, die migrationsfreundliche Politik ablehnen, ist es ein großer Gewinn, dass die alten Dublin-Regeln weiter gelten, nach denen derjenige Staat für den Antrag zuständig ist, in dem der Migrant europäischen Boden betritt.
Auch damit ist die EU von Solidarität weit entfernt, denn den Ländern mit den EU-Außengrenzen wird nicht geholfen, sie stehen weiterhin alleine da. Den Verweigerern bietet es dagegen alle Möglichkeiten, sich aus dem Verfahren rauszuhalten. Am Ende ändert sich an der heutigen Situation nichts, denn es sind die gleichen Länder wie bisher, die Flüchtlinge aufnehmen. Die Verpflichtung zur Aufnahme von Flüchtlingen in Krisensituationen muss ohne Wenn und Aber für alle gelten.
Aber es ist fraglich, ob der Vorschlag irgendwann umgesetzt wird, denn die Länder und das Parlament müssen noch zustimmen, und von dort sind bereits erste Zweifel zu hören. Viele Abgeordnete stellten Fragen, ob mit dem neuen Paket Situationen wie in Lesbos mit dem Brand des Lagers Moria verhindert werden können. Eine schlüssige Antwort liefert das Paket nicht. Aber auch Anmerkungen, wie es sich mit der Wahrung der Grundrechte bei neuen Kontrollverfahren verhält, stehen offen im Raum. Am Ende könnte es darauf hinauslaufen, dass das Paket eine leere Kiste ist und die EU keinen Schritt weitergekommen ist und sich unverändert nur auf der Stelle bewegt. (WM)
PS: An jedem 3. Montag im Monat veranstaltet der Koordinationskreis Asyl gemeinsam mit dem Interreligiösen Arbeitskreis eine Mahnwache auf dem Luisenplatz für eine humane Flüchtlingspolitik in Deutschland und Europa. Am Montag, 16.11.2020 von 18-19 Uhr, übernehmen wir von Pulse of Europe Darmstadt diese Mahnwache. Wir freuen uns auf Deinen Besuch und darauf, mit Dir über eine angemessene europäische Flüchtlingspolitik ins Gespräch zu kommen. (JM)
• Aktuelles von Pulse of Europe Darmstadt
Europäische HausParlamente mit Event im AGORA gestartet
Am Samstag, 19.09.2020, startete die 3. Runde der Europäischen HausParlamente von Pulse of Europe in sieben europäischen Ländern. Über einen Zeitraum von sechs Wochen werden in Hunderten von Zimmern, privat, in Gasthäusern und anderen öffentlichen Räumen kleine Gruppen zusammensitzen und über die „Zukunft europäischer Solidarität“ diskutieren. PoE-Darmstadt lud am Eröffnungstag des Mitmachformates zu drei HausParlamenten in den großen Seminarraum des AGORA ein. Jeweils drei Fragen waren zu bearbeiten: Sollen wohlhabende EU-Mitgliedsstaaten den von Krisen besonders stark betroffenen Mitgliedsstaaten verstärkt wirtschaftlich unter die Arme greifen? Soll die EU verstärkt in sozialpolitische Maßnahmen investieren, um der sozialen Ungleichheit zwischen den Mitgliedsstaaten entgegenzuwirken? Soll die EU aus Solidarität mit zukünftigen Generationen primär umweltverträgliche Innovationen und Arbeitsplätze fördern? Details im ausführlichen Bericht mit Fotoimpressionen. (JM)
10. Oktober um 10 Uhr | Einladung zu den HausParlamenten von Pulse of Europe, Staatstheater Darmstadt, Georg-Büchner-Platz 1
Die nächste Gelegenheit, bei einer öffentlichen HausParlamente-Veranstaltung dabei zu sein, hast Du im Staatstheater Darmstadt am 10. Oktober um 10 Uhr. Wir treffen uns im Foyer, unmittelbar hinter den goldenen Eingangstoren des Staatstheaters. Dort können wir die Hygieneregeln, insbesondere die Abstände zueinander, problemlos einhalten. Die kurze Begrüßung übernehmen OB Jochen Partsch und Intendant Karsten Wiegand, die mit Videobotschaften zugeschaltet werden, bevor Lavinia Moroff vom Staatstheater und PoE-Aktivist Jörg Mattutat die Diskussionsrunden eröffnen. Sende einfach eine E-Mail mit Deiner Adresse und Telefonnummer an darmstadt@pulseofeurope.eu. Das erspart uns diese in der Corona-Krise vorgeschriebenen Formalitäten vor Ort. Du erhältst anschließend von uns eine Bestätigungsmail mit Detailinformationen zum Ablauf. Die persönlichen Daten werden vier Wochen nach der Veranstaltung gelöscht. Wir freuen uns auf eine lebendige Diskussion zur Zukunft europäischer Solidarität. (JM)
Einladung zum Offenen Treff im AGORA | Mo., 5.10., 19 Uhr, gr. Seminarraum
Wegen der weiterhin gültigen Regeln für Treffs laden wir für 19 Uhr erneut in den großen Seminarraum im UG ein. Dort können wir vernünftig Abstand halten. Wir werden über die Europäischen Hausparlamente und über brisante aktuelle Entwicklungen sprechen. Und über die Themen, die Du einbringst. Also: Wir sehen uns zum OT im AGORA, Erbacher Str. 89, Am Ostbahnhof. (JM)
Pulse of Europe Darmstadt jetzt auch bei Twitter
Schon länger sind die regional relevanten, europäischen Neuigkeiten, insbesondere die von PoE-Darmstadt auf Facebook präsent. Ab sofort findet Ihr uns auch auf Twitter mit Infos zu Themen, Fragen und Entwicklungen aus der EU und allen anderen europäischen Ländern. (WM/JM).
• Aktuelles aus Europa und der Welt
Corona-Warn-Apps: EU-Staaten testen grenzüberschreitende Funktion
Die meisten EU-Mitgliedstaaten haben nationale Anwendungen am Laufen, um Infektionsketten nachvollziehen zu können. Seit Mitte September testen sechs EU-Staaten (u.a. auch Deutschland) einen von der EU beauftragten und von T-Systems und SAP entwickelten grenzüberschreitenden Datenabgleichdienst. Ab Ende Oktober soll das Ganze dann regulär betrieben werden. So können Nutzer einer nationalen Corona Warn App bei Reisen in immerhin elf andere EU-Länder Warnmeldungen empfangen oder einen positiven Test melden. Wer im Augenblick keine Reisen ins europäische Ausland plant, bleibt einfach bei der nationalen Variante. Reisefreudige hingegen sollten die App aktualisieren und dem ebenfalls anonymisierten EU-Datenaustausch zustimmen. (CC)
EU setzt auf europäische Impfstoffe
Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung beziehen die EU und die USA die Impfstoffdosen ausschließlich von Unternehmen, die diese Vakzine in Europa respektive den USA produzieren. Damit wollen die Staaten sicherstellen, dass die Impfstoffe schnell bereitgestellt werden können und sie keine Exportbeschränkungen anderer Länder zu fürchten haben. Die Sicherung einer bestimmten Menge an Impfstoffdosen erfolgt durch den Abschluss von "Advance Purchase Agreements" (APAs), einem Bestandteil des Emergency Support Instrument. Bis Ende August 2020 hat sich die EU 1.105 Millionen Dosen gesichert, die USA insgesamt über 800 Millionen Dosen. Es gibt keine Verträge mit Unternehmen, die Impfstoffe in China entwickelt haben. Weitere Infos hier. (WM)
Task Force zu Beschwerden gegen Nutzung von Google- und Facebook-Services
Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) plant die Gründung einer Task Force, die sicherstellen soll, dass Beschwerden zur Nutzung von Google- und Facebook-Services durch europäische Anbieter schnell und europaweit einheitlich bearbeitet werden. Grundlage sind Beschwerden, die bei der Organisation „Non-of-your-business“ eingegangen sind. Hauptstreitpunkt bei den über 100 eingereichten Beschwerden ist die Frage, ob die Unternehmen die vom EuGH geforderten „zusätzlichen Maßnahmen“ als Ergänzung der Standardvertragsklauseln ergriffen haben. (WM)
Das Parlament fordert vom Rat Kompromissvorschläge zum EU-Haushalt
Das Europäische Parlament hat den Rat aufgefordert, Kompromissvorschläge zum neuen EU-Haushalt vorzulegen. „Das Parlament ist seit November 2018 bereit, mit dem Rat über den neuen mehrjährigen Finanzrahmen zu verhandeln. Seitdem haben wir darauf bestanden, dass wir früh genug in die Verhandlungen einbezogen werden müssen, um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten. Unsere Forderung wurde völlig ignoriert“, sagt der Haushaltsausschuss-Vorsitzende Johan Van Overtveldt. Dagegen fordert der Rat nun eine Beschleunigung der Verhandlungen und eine Einigung in drei Wochen. Das Parlament sei für eine Beschleunigung bereit, aber der Rat zeige „keinen wirklichen Willen, über unsere Hauptforderungen zu verhandeln“, hierbei gehe es um die Verstärkung von 15 EU-Programmen. Weitere Infos hier zum Nachlesen. (WM)
Anhörung zur EU-Wahlrechtsreform
in einer Anhörung des Constitutional Affairs Committee diskutierten Mitglieder des EU-Parlaments mit vier Experten über eine Reform des Wahlrechts. Im Mittelpunkt standen Fragen des Modus der Spitzenkandidaten und die Bildung länderübergreifender Wahllisten. Der Modus der Spitzenkandidaten wurde von der Mehrheit unterstützt, sie forderten die Fortsetzung und Verbesserung, einige Teilnehmer stellten die Frage, ob es dadurch zu einer automatischen Auswahl des Kommissionspräsidenten kommen solle. Bei der Frage länderübergreifender Wahllisten äußerten diverse Teilnehmer Zweifel, ob die Ziele einer Verstärkung des europäischen Gedankens und einer besseren Repräsentation der Bürger erreicht werden könnten, wenn die Abgeordneten geografisch, sprachlich und kulturell weiter entfernt seien. Die beiden Sitzungen sind hier und hier verfügbar. (WM)
• Klima und EU-Politik
Nachhaltige Mobilität in Darmstadt
Nach einem grundsätzlichen Blick auf die Mobilität und Fragen der Nachhaltigkeit in der EU und weltweit in Ausgabe 9 der Infomail beleuchten wir nun die Situation in der Stadt Darmstadt. Wir gehen den Fragen nach: Wie sind die Pläne der Stadt in Bezug auf eine nachhaltige Verkehrspolitik? Was sind die Ideen und Projekte der Bürgerinitiativen? In vier Artikeln informieren wir über den aktuellen Stand der Elektromobilität in Deutschland und in Darmstadt, die Problemfelder und Hindernisse sowie die Eckpunkte der Weiterentwicklung. Darüber hinaus informiert Professor Axel Wolfermann von der Hochschule Darmstadt in einem Interview über die Zusammenarbeit der Stadt mit Hochschule und Universität in Fragen der nachhaltigen Verkehrspolitik. (WM)
Links zu den vier Artikeln
Mobilitätspläne der Stadt Darmstadt
Interview mit Professor Axel Wolfermann
Bürgerinitiativen und Nichtregierungsorganisationen in Darmstadt-Dieburg
Dürreperioden in Mitteleuropa werden voraussichtlich zunehmen
Im Anschluss an die beiden Dürrejahre 2018/19 hat ein Team unter Leitung des Helmholtz Zentrum für Umweltforschung (UFZ) die Klimadaten der vergangenen 250 Jahre untersucht. Dabei hat sich herausgestellt, dass es seit 1766 keine zwei Jahre hintereinander eine vergleichbar andauernde Dürre gab. Mit Klimasimulationsmodellen untersuchten die Wissenschaftler bei unterschiedlichem Anstieg der Treibhausgasemissionen die zu erwartende Häufigkeit von zweijährigen Dürreperioden. Beim höchsten angesetzten Wert der Emissionen steigt die Häufigkeit der Perioden zwischen 2051 und 2100 um das Siebenfache an, beim niedrigsten Wert der Emissionen nimmt die erwartete Häufigkeit von zweijährigen Sommerdürren um mehr als 90 Prozent ab. Weitere Infos zur Studie hier. (WM)
“Next Step” …und positive!
Am Freitag, 1. September 2020, verabschiedete das „Committee on Environment, Public Health and Food Safety“ (Ausschuss für Umweltfragen, Volksgesundheit und Lebensmittelsicherheit) des Europäischen Parlaments seinen Bericht über das EU-Klimagesetz. Zu den Hauptargumenten des Berichts gehören, dass die EU und alle Mitgliedsstaaten bis 2050 klimaneutral werden müssen. Um diese Ziele zu erreichen, sind ausreichende Finanzmittel der EU und der Mitgliedsstaaten erforderlich. Alle direkten und indirekten Subventionen für fossile Brennstoffe sollten bis spätestens 2025 abgebaut werden. Weitere Infos hier. (TF)
"PoE-DA Klima-AG"
Valentin Boczkowski (VB), Terenzio Facchinetti (TF), Udo Kurilla (UK), Wolfram Marx (WM)
Wir freuen uns, mit Euch über Themen und Fragen des Klimaschutzes zu diskutieren. Meldet Euch mit Fragen, Kritik, Ideen und Vorschlägen: poe-darmstadt-klima@develnet.eu
• Zitat der Woche
„Ich glaube, dass wir in Europa ein hohes Niveau von guter sozialer Entwicklung und Versicherung der Zukunft der Menschheit gebildet haben - dass wir das verteidigen müssen. Es wird immer wieder in Gefahr sein.“
Otto F. Kernberg (US-amerikanischer Psychiater und Psychoanalytiker österreichischer Herkunft, geb. 1928) bei 3sat Kulturzeit vom 17.09.2020, Min. 15:30 (CC)
• Lektüre-Tipp
Abba-Gründer Björn Ulvaeus träumt einen europäischen Traum
Heute empfehlen wir mal keinen dicken Wälzer, sondern einen kurzen Artikel eines überzeugten Europäers aus der Süddeutschen Zeitung vom 25.09. (JM)
• PoE-Spenden und –Fördermitgliedschaften
Pulse of Europe wird weiterhin seine Stimme lautstark für die europäische Sache erheben, in Darmstadt, in Frankfurt, überall da, wo es gebraucht wird. Mit vielen Aktionen, Kampagnen und Veranstaltungen wollen wir unseren Beitrag leisten zur Entwicklung einer echten europäischen Zivilgesellschaft, für eine gute Zukunft eines geeinten Europas.
Über Zuwendungen und Spenden für unsere ehrenamtliche Arbeit freuen wir uns sehr. Wir können jeden Euro für unsere Projekte gut gebrauchen. Spendenkonto Darmstadt (Stichwort „Darmstadt“): DE58 5125 0000 0001 0835 54 | Taunus Sparkasse | HELADEF1TSK.
Weil unsere Aktivitäten auch Geld kosten, wurde die Möglichkeit einer Fördermitgliedschaft geschaffen. Details: https://pulseofeurope.eu/de/foerdermitglied-werden. Jeder € dient der guten gemeinsamen Sache. Im Online-Formular bei „Spendenzweck“ bitte Darmstadt auswählen. (JM)
• Kontakt
Pulse of Europe, Darmstadt • Redaktion: Claudia Cataldi (CC), Dr. Terenzio Facchinetti (TF), Wolfram Marx (WM), Jörg Mattutat (JM) • darmstadt@pulseofeurope.eu
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